Das Feuerlöschwesen in Hermannsburg
Ausgang des 19. Jahrhunderts bestand in Hermannsburg eine Pflichtfeuerwehr, die sogenannte Dorfspritze.
Basierend auf der „Feuerordnung für die Bewohner der Flecken u. des platten Landes des Landdrostei-Districts Lüneburg“ und der Lüneburgischen Feuerordnung vom 14. November 1865 hatte auch die Gemeinde Hermannsburg das Feuerlöschwesen geregelt.
Dazu war der Ort in 6 Löschbezirke eingeteilt, die von einem Spritzenmann als Hauptmann geführt wurden. Bei Feuergefahr hatte sich jeder Einwohner in dem betreffenden Bezirk bei seinem Zugführer zu melden. Die Spritze war etwa um 1850 von der Mühlenbruchsgenossenschaft angeschafft, dafür mussten in den Außendörfern unseres Kirchspiels die sieben Spritzenmänner bei Gebäudefeuer immer sofort hin. Die Löhnung erfolgte durch die Mühlenbruchsgenossenschaft. Die übrigen Mannschaften mussten die Dörfer stellen.
Die Notwendigkeit zum Vermitteln von Feuerlöschkenntnissen und auch die Geräteausstattung waren sehr unterentwickelt. Feuerlöscheimer und Feuerpatschen in den Häusern waren nur ein mangelhafter Behelf, zumal auch die Bausubstanz der Gehöfte, Häuser und Nebengebäude sehr feueranfällig war.
Die Wasserverhältnisse zur Entnahme von Löschwasser waren oft unzureichend, wenn nicht manchmal überhaupt nicht vorhanden. Manchmal waren Gräben angestaut, wenn möglich wurde das Wasser aus der Örtze entnommen. Feuerlöschteiche waren selten vorhanden.
Um 1890 waren in Hermannsburg ca. 230 Häuser. Viele davon waren mit Stroh gedeckt oder mit solchen Baumaterialien gebaut, dass sie stark brandgefährdet waren.
Von 1890 bis zum 06. Mai 1893 brannten in Hermannsburg sieben Wohnhäuser ab. In einem Fall soll ein brennendes Stück Speck durch die Luft geflogen und das nächste mit Stroh gedeckte Haus in Brand gesteckt haben. Von dort ist durch Funkenflug das übernächste mit Stroh gedeckte Haus in Flammen aufgegangen.
Bei all diesen Bränden traten wohl die Unzulänglichkeit und die Grenzen der Pflichtfeuerwehr – Dorfspritze zutage.
Aus dieser Sorge heraus und wie man das Hab und Gut besser Schützen konnte, traten Hermannsburger Bürger am 08. April 1893 in Völkers Hotel zusammen und forderten die Schaffung einer Freiwilligen Feuerwehr. Die berechtigte Sorge hatte aber auch der damalige Missionsdirektor Egmont Harms für die Gebäude der Missionsanstalt. Wie konnten die Gebäude geschützt werden, wenn die Zöglinge auf Urlaub waren? ( Zöglinge der Mission = junge Männer die zu Missionaren ausgebildet wurden.)
Gründung und Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Hermannsburg
So lud Missionsdirektor Egmont Harms am 01. Mai 1893 angesehene Bürger Hermannsburgs zu sich in seine Wohnung im neuen Missionshaus ein und hier wurde dann die Freiwillige Feuerwehr Hermannsburg gegründet.
Folgende Personen tragen in der Mannschaftsliste als Datum des Eintritts den 01. Mai 1893. Sie haben also die Wehr mit gegründet:
Schmiedemeister Heinrich Vorwerk, Schmiedemeister Heinrich Dehning, Maschinenmeister Wilhelm Kruse, Schmiedemeister Ernst Böning, Pastor Georg Eickhoff, Buchhändler G. Rieth, Malermeister Ernst Petersen, Buchbinder Ernst Babatz, Zimmermeister Dietrich Eggers, Zimmermeister Ernst Dehning, Landwirt Heinrich Schöndube, Arbeiter I. H. Marwede, Arbeiter Georg Speckhan, Buchbindermeister Wilhelm von Herk, Stellmachermeister Peter Ahrens, Werkführer Wilhelm Lange 1, Schumachermeister Wilhelm Lange 2, Schumachermeister Wilhelm Grünhagen, Schumachermeister Wilhelm Penzhorn, Arbeiter Chr. Riggers, Arbeiter I. H. Kruse, Landwirt Heinrich Cohrs, Buchbinder Heinrich Behrens, Schumachermeister Dietrich Schmidt, Arbeiter Dietrich Alm, Arbeiter Peter Hilmer, Landwirt Georg Leßmann, Tischlermeister Fritz Hüls, Arbeiter Friedrich Tolle und Malermeister Friedrich Hambrock.
Außerdem meldeten sich noch zahlreiche Zöglinge der Missionsanstalt als Mitglieder in der Freiwilligen Feuerwehr.
Kurz nach der Gründungsversammlung brannten, wie schon erwähnt, die drei Häuser Ehlers, Bruns u. Dehning Paulmann. Hier konnte die junge Wehr noch nicht eingreifen, weil die Feuerlöschgeräte fehlten. Aufgrund der vielen Brände waren die Leute jedoch ängstlich geworden. So konnte noch vor Pfingsten 1893 eine kleine Abprotzspritze vom Spritzenfabrikant Tidow - Hannover erworben werden.
Die Freiwillige Feuerwehr war ganz auf sich und auf die Mildtätigkeit der Bevölkerung angewiesen, denn eine Unterstützung seitens der Gemeinde gab es anfangs nicht. Der Vorstand hat oft für angeliehene Gelder persönlich haften müssen und wenn dann die Geldgeber ihr Geld zurück haben wollten und es war nichts da, war der Vorstand in großer Not. Die ersten Anschaffungskosten für Spritze, Schläuche, Uniformen usw. betrugen 2.700,00 Mark. Das Spritzenhaus kostete 2.100,00 Mark. Dem gegenüber standen Einnahmen aus einer Sammlung von 800,00 Mark, die Aachen-Münchner Feuerversicherungsgesellschaft gab 300,00 Mark und die Landschaftliche Brandkasse gab 600,00 Mark. Den größten Teil der Geldmittel hatte die Mission gegeben und so stand ihr das Eigentumsrecht an dem neu erbauten Spritzenhaus und an der Abprotzspritze zu. Zum Teil hat die Wehr die Schulden abgetragen; ein großer Teil wurde aber auch von der Missionsanstalt erlassen.
Im Februar 1897 wurde die zweite Spritze von Tidow - Hannover gekauft. Sie wurde nach 10jährigem Einsatz an die Gemeinde Weesen verkauft. Dafür wurde im Jahr 1907 der Beschluß gefaßt, bei der Firma A. Rönnebeck - Ülzen eine neue größere Spritze für 1.300,00 Mark zu kaufen. Diese Spritze hat bis in die fünfziger Jahre ihren Dienst getan.
Außer der Arbeit im Ernstfalle wurden regelmäßig Übungen abgehalten, zweimal im Jahr gab es einen Alarm, der wesentlich dazu beitrug, die Schlagkräftigkeit der Wehr zu erhalten und zu erhöhen.
Das kameradschaftliche Verhältnis der Kameraden untereinander war immer gut. Ein Kummer des Hauptmanns war stets das unentschuldigte Fehlen von Kameraden bei einer Übung, die dann keine Strafgelder dafür zahlen wollten. Auch meinte der Hauptmann, daß nach Zeiten relativer Ruhe ein gewisser Schlendrian sich einschlich. Dieses Thema hat oft die Generalversammlungen beschäftigt. Wer sich gar nicht einfügen wollte oder seine drei Pflichtübungen jährlich nicht absolviert hatte, wurde aus der Wehr ausgeschlossen.
Der 1. Hauptmann der Wehr, Theodor Bodenstab (Misssionszögling und späterer Missionar), hatte aktiv beim Militär gedient und so gab es auch hier beim Exerzieren und Üben keinen Pardon.
Es wurde eine scharfe Zucht geübt. So ist nachzulesen, dass ein Feuerwehrmann der zweiten Sektion eine Rüge bekommen hat, weil er im Glied gesprochen hat. Ein anderer Feuerwehrmann hat einen ihm gegebenen Befehl nicht ausgeführt. Er musste in der Generalversammlung Abbitte tun. Es wurden aber auch Sektionsführer gerügt, die sich den Untergebenen gegenüber nicht korrekt benommen haben.
Die Wehr bestand aus vier Sektionen; aus der Steigersektion und 3 - 4 anderen Sektionen, die zur Bedienung der Spritze, Schläuche und zu Rettungsarbeiten verwandt wurden.
Die ersten Versammlungen und Feste wurden in der "Singhalle" der Missionsanstalt abgehalten. Dafür musste die Wehr jährlich 10,00 Mark in die Missionskasse zahlen. Später fanden die Versammlungen im Neuen Missionshause statt. Als dann unsere Gastwirte Mitglied wurden, wurden die Versammlungen abwechselnd in deren Lokalen abgehalten.
Die Stiftungsfeste wurden immer mit einer Übung begonnen und der gemütliche Teil in der Singhalle unter Vorführung von Musik und Theaterstücken abgehalten. Später fand der gemütliche Teil immer auf dem Lutterhofe bei der Familie Rabe statt. Daher auch der Name Lutterfest. Der Termin des Stiftungsfestes ist vom 1. Jahr an immer der Tag nach Pfingsten bzw. später der Montag nach Pfingsten gewesen.
Im März 1902 trat die Wehr dem Feuerwehrverband für die Provinz Hannover bei. Aufgrund der "Polizeiverordnung betreffend die Regelung des Feuerlöschwesens vom 27. September 1901" gibt sich die Freiwillige Feuerwehr am 19. September 1902 eine neue Satzung.
Die Freiwillige Feuerwehr kam aus ihren finanziellen Schwierigkeiten nie heraus, neue Geräte wurden angeschafft oder vervollkommnet.
Bei einer Inspektion durch die Brandmeister Müller u. Kommandeur Heinicke aus Celle am 01. September 1909 wurde dann folgender Vorschlag gemacht, um die Wehr auf eine gesunde Basis zu stellen:
- Das Dorf übernimmt sämtliche Schulden der Wehr.
- Die Gemeinde liefert 200 m neue Schläuche.
- Das Dorf übernimmt die ganze Neuanschaffung der Wehr, sowie die Instandhaltung aller Geräte, soweit die Polizeiverordnung solches vorschreibt. Dafür überlässt sie der Gemeinde sämtliche ihr gehörenden Lösch- und Steigergeräte. Ausgenommen hiervon ist nur die der Mission gehörende Abprotzspritze nebst Zubehör. Weiter übernimmt die Freiwillige Feuerwehr für Hermannsburg kostenlos die erste Löschhilfe Innerorts und auch bei Gebäudebränden außerhalb Hermannsburgs. Außerhalb Hermannsburg braucht die Pflichtfeuerwehr nicht mehr anzutreten.
Dieser Vorschlag wird von der Generalversammlung am 06. September 1909 angenommen und am 26. Oktober 1909 vom Gemeindeausschuss Hermannsburg angenommen.
Dadurch wurde die Freiwillige Feuerwehr ihre Schulden mit einem Male los und brauchte notwendige Sachen nur anzufordern.
Die damalige Dorfspritze konnte mit der jungen aufstrebenden Feuerwehr nicht mehr mitantreten, ihre Führer wurden alt und das junge Volk strebte zur Freiwilligen Feuerwehr. So löste sich ihre Mannschaft auf. Am 06. Mai 1913 wurde mit der Gemeinde Hermannsburg die Vereinbarung getroffen, die Dorfspritze mit all ihren Gerätschaften und Spritzenhaus zu übernehmen. Damit wurde das Feuerlöschwesen in Hermannsburg einheitlich. Der Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr war somit Brandmeister von Hermannsburg.
Der erste Präsident der Wehr war Missionsdirektor Egmont Harms, ihm folgte Pastor Max Harms. Der letzte Präsident war Schlachtermeister Heinrich Bartels bis August 1931. Ab diesem Zeitpunkt wird ein neuer Präsident nicht wieder gewählt, der jeweilige Hauptmann der Wehr führt in den Versammlungen den Vorsitz.
Der 1. Weltkrieg brachte auch für die Hermannsburger Feuerwehr einschneidende Veränderungen. Es wurden viele Kameraden zum Militärdienst eingezogen und so musste die Altersabteilung verstärkt wieder mit eingesetzt werden.
In einer Zeitungsmeldung vom Februar 1916 "Hermannsburger Bote" heißt es:
Der Feuerwehr geht es in Bezug auf die Mitglieder noch schlimmer. Sie besteht zur Zeit nur aus 18 Aktiven. Sollte einmal, was Gott verhüten möge, Feuer ausbrechen, so ist es die Pflicht eines jeden Mannes, nicht nur die Brandstätte mit seiner Gegenwart zu beehren, sondern auch tatkräftig zuzugreifen.